Josef Enzensperger


Josef Enzensperger (1873 - 1903) (*08.02.1873; †02.02.1903)

Der aus Sonthofen stammende Josef Enzensperger war Mitbegründer des 1892 gegründeten Akademischen Alpenvereins München. Um den alpinen Pionier-Geist Enzensperger wieder aufleben zu lassen, haben wir nachstehende Tourenberichte aus den Allgäuer Alpen zur Online-Veröffentlichung aufbereitet:



Erstbegehung der Südwand der Trettach 1894 mit Ernst Enzensperger (Bruder) und Karl Neumann.

Mit 14 Jahren zog Enzensperger mit seiner Familie nach Sonthofen, wo er seine Jugend verbrachte und so schon früh in der Allgäuer Bergwelt mit dem Klettern in Berührung kam. Schulbesuch, Jura-Studium mit Stipendium des Maximilianeums an der Universität München, später Naturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Meteorologie. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit wurde Enzensperger durch seine zahlreichen Erstbesteigungen bekannt: z.B. 1892 der Öfelekopf (Wettersteingebirge) und 1894 die Kleine Halt (Kaisergebirge).

Mit gerade 27 Jahren überwinterte Enzensperger 1900 als erster Beobachter der meteorologischen Hochstation auf der Zugspitze. Im Jahr 1901 schloss er sich der Expedition von Erich von Drygalski in die Antarktis an. Im Rahmen dieser Expedition überwinterte er 1903 mit vier weiteren Forschern in einer wissenschaftliche Station auf den Kerguelen. Bei der Überwinterung starb Josef Enzensperger am 2. Februar 1903.

Seine letzte Ruhestätte ist nicht mehr auffindbar. Im Expeditionstagebuch ist vermerkt, er sei nach Norden "zur Heimat" ausgerichtet begraben worden. Die englische Royal Geographical Society hat 2003 zum hundertsten Todestag Enzenspergers an der Position 49°24’ S 69°53’ O in der Nähe der ehemaligen deutschen Wetterstation eine Gedenktafel für Enzensperger anbringen lassen. Die Bucht "Bras Enzensperger" (49°45' s. Br., 69°8' ö. L.) auf den Kerguelen ist nach ihm benannt.

Lebensmotto:
"Höchstes Glück der Erdenkinder ist doch die Persönlichkeit!" (Zitat v. Goethe)
Diese Ausspruch könnte als bestes Motto über Enzensperger Leben stehen. Der "Enzian" - wie er im Freundeskreis genannt wurde, schrieb auf der ersten Seite seines Tourenbuches zudem das trotzige Wort: "Erlaubt ist, was gefällt!". Trotzdem hat Enzensperger mit aller Energie den Gedanken unbedingter Freundestreue auf Leben und Tod im Kreise seiner Kameraden verfochten und seinen Anhängern als höchstes ethisches Gesetz des Bergsteigers übertragen.

Am 12. November 1892 wurde der Akademische Alpen-Verein München durch Enzensperger mitgegründet. Im Vordergrund stand die Anregung zu selbständigem Gehen, zum Suchen neuer, eigener Wege, zum führerlosen Überwinden aller alpinen Schwierigkeiten. Enzensperger, der aus eigenem Antrieb und mit natürlicher Begabung sich bisher schon zum eifrigen und tüchtigen selbständigen Bergsteiger herangebildet hatte, fand nun im Kreise begeisterer Gleichgesinnter, vermehrten Ansporn zu alpiner Tat. Er entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einem der besten Bergsteiger und einflussreichsten Anreger in in diesem Kreise und über dessen Grenzen hinaus.

Enzensperger war bei aller Schneid doch immer sorgsam abwägend, ging an alles kühl überlegend heran, packte nie etwas an was über seinen Kräften war und auch das Schwerste: das Umkehren vor dem Ziele, sogar entgegen dem Willen der Begleiter, brachte er fertig. Mitprägend war vielleicht ein Ereignis ganz zu Beginn seiner alpinen Hochtourenzeit, als bei einer gemeinsamen Tour im Wetterstein-Gebirge sein Begleiter Rudolf Wisbeck, kurz vor Beendigung der Kletterei abstürzte und tödlich verunglückte.

Zahlreiche Vereinsgenossen hat er in die Berge mitgenommen und Ihnen gelehrt, sich zu selbständigen Hochtouristen zu entwickeln. So geht die bergsteigerische Schule des A.A-V.M. hautpsächlich auf Enzensperger zurück. Sein klares Urteil über den Schwierigkeitsgrad einer Tour und über den Wert einer Leistung wurde von der alpinen Öffentlichkeit allgemein als maßgebend anerkannt. Auch wenn man die Fortschritte der alpinen Technik berücksichtigt, darf man nicht vergessen, dass Männer wie Enzensperger (der manche Felswand noch mit Nagelschuhen durchkletterte und seine ersten Felsgänge noch mit Steigeisen ausführte) sie in die Wege geleitet und ermöglicht haben.
Josef Enzensperger in 1892 Josef Enzensperger in 1897 Abstieg über die Südwostwand der Höfats (Zeichnung von Ernst Platz) Kletterei am Ostgipfel der Höfats (Lichtbild von Adolf Schulze)
   
( Quelle: "Ein Bergsteigerleben" 2. Ausgabe 1924 vom Alpenfreund-Verlag GmbH, München)

Unternehmungen in den Allgäuer Alpen:
1887: Grünten, Burgbergerhorn, Stuiben
1888: Gaishorn
1888: Dezember: Winterbesteigung Grünten
1889: Daumen, Widderstein, Mädelegabel
1891: Trettachspitze, Höfats
16. August 1891: Öfnerspitze - (Einweihung Kemptner Hütte)
12. September 1891: Spätengundkopf, Wildengundkopf, Trettachspitze (über Spielmannsau nach Gerstruben)
13. September 1891: West- und Nebengipfel der Höfats (Rappenseehütte)
14. September 1891: Hohes Licht, Hochfrottspitze (über Einödsbach nach Oberstdorf)
Oktober 1891: Gr. Krottenkopf, Öfnerspitze, Krottenspitze, Muttler
14. August 1892: Vom Himmeleck allein auf den Schneck, hin und retour in 45 Minuten. Der Grat wurde aufrecht überschritten. Vom Luitpold-Haus auf den Wiedemer, hin und retour in 1 Stunde.
25. März 1893: Gaishorn
26. März 1893: Gimpel. Allein. Von Nesselwängle auf den Gipfel in 4 1/2 Std. Retour nach N. in 3 Std. und am gleichen Tage in 7 Std. retour nach Sonthofen - 14 1/2 Std. Gehzeit.
08. Oktober 1893: 2. Besteigung Mädelegabel über den Südwestgrat
09. Okotber 1893: Wurmloch - in den Ostwänden des Himmelschrofen-Kammes gelegene Höhle
11. Oktober 1893: 1. Ersteigung Gr. Krottenkopf über den Nordgrat, 1. Überschreitung des Gipfels - Öfnerspitze (1. Ersteigung über den Ostgrat)
03. September 1894: 1. Traversierung der vier Höfatsgipfel von West nach Ost
13. September 1894: Höfats: 1. Ersteigung des Hauptgipfels über den Nordgrat und 1. Überschreitung der 4 Gipfel von West nach Ost)
16. September 1894: 1. Übersschreitung der gesamten Mädelegabel-Gruppe von der Hochfrottspitze (1. Ersteigung über den Südwest-Grat) über die Mädelegabel auf die Trettachspitze (1. Ersteigung über die Südwand und 1. Überschreitung)
15. April 1895: Spätengundkopf, 1. Winterersteigung der Trettachspitze
28. September 1895: 1. Ersteigung der Trettachspitze über die Westwand
07. Oktober 1895: Ersteigung der Höfats über den Nordgrat, Überschreitung der vier Gipfel und im Abstieg die 1. Durchquerung der berüchtigten Ostwand des Ostgipfels.
11. September 1896: 1. Ersteigung Gr. Krottenkopf durch die "Eisrinne" der Nordwand mit Abstieg über den Nordgrat
17. September 1896: 2. touristische Ersteigung des Seilhenker neben der 1. touristischen Ersteigung und 1. Überschreitung der Kleinen Höfats.
04. Januar 1897: 16 1/2 stündige 1. Winterersteigung der Höfats (Ostgipfel über den Südost-Grat)
23. September 1897: Kölleschrofen - Köllespitze (1. Ersteigung über den Westgrat), Gimpel, Rote Flüh (1. Begehung des Ostgrates)
27. September 1897: Allein. Überschreitung Hochvogel, Kreuzspitze, Fuchskarspitze (1. Ersteigung)
17. Oktober 1897: Vom Schneck aus alle drei Gipfel des Großen Wilden und zum 1. Male Abstieg über den Südgrat durch die Westwand.
Dezember 1897: Mädelegabel, Hochfrottspitze, Abstieg durch die Bockkarscharte
19. August 1898: Fuchskarspitze (2. Ersteigung, 1. Überschreitung, 1. Abstieg über Nordgrat und Westwand), Glasfelder Kopf, Sattelköpfe (Gratübergang neu)
05: September 1898: Großer Widderstein (1. Ersteigung über die Nordwand), Gentschelpass

Werke von und über Josef Enzensperger:
  • Josef Enzensperger: Meteorologe und Kletterer (herausg. DAV München 1990; bearb. von Horst Höfler
  • Ein Bergsteigerleben Alpine Aufsätze und Vorträge, Reisebriefe u. Kerguelen-Tagebuch (heraus. Alpenfreund-Verlag München 1924; Enzensperger, Josef)
  • Fahrten im Wilden Kaiser (heraus. Alpenfreund-Verlag München 1923; Enzensperger, Josef)